Samstag, 8. März 2008

Marc erzählt:

Smog!

Yepaaa! Es ist Frühling! Lange Unterwäsche zurück in den Koffer und raus an die … - beinahe hätte ich gesagt „frische“ Luft. Vier Monate Shanghai sind wahrscheinlich etwa gleichermassen gesund wie 10 Jahre Kettenrauchen oder ein Jahr Vegetarier (jaja, schon gut, 2 Jahre Vegetarier!).
Der Klassische OP-Mundschutz scheint aber selbst hier etwas aus der Mode gekommen zu sein, man sieht nur höchst selten jemanden damit auf der Strasse. Eine schlechte Idee wäre der aber sicherlich nicht. Mal abwarten, vielleicht werfen Prada & Co. ja bald die ersten Designer-Mundschütze auf den Markt. So einen hole ich mir dann ein paar Tage später hier auf dem lokalen „Fake Market“.


Dienstag ist Ruhetag!

“The negotiation result is, you can cancel marketing and just enjoy the process“ – Hää? Um uns vom Grundlagen-Marketingunterricht zu suspendieren, für den wir jeweils dienstags wegen 90 Minuten zur Uni fahren sollten, benötigt man in China offenbar mehrere „negotiations“. Nun ja, uns soll es recht sein, die Lehrerin dieses Kurses hatte in Etwa gleich viel Ahnung von Marketing wie das Schweizer Fernsehen von „Entertainment“.
Dienstag ist ab jetzt also unser Tag „zur freien Verfügung“. Was gäbe es da schöneres als mit einem ausgiebigen „petit déjeuner“ im „chez Paul“ in den Tag zu starten. Dort werden uns die freundlichen, schlitzäugigen Bäckersdamen schon bald mit vollem Namen begrüssen, wenn das so weitergeht. Der frischgepresste Orangensaft war aber leider schon wieder „finished“. Auch so eine Sache in China, die Hälfte der Speisekarte ist meistens „excuse me but finished“. Dies sogar in mehr oder weniger teuren Lokalitäten. Nach dieser mittelschweren Enttäuschung und ohne Vitamin-C-Stärkung waren wir bereit für einen Besuch im „Dragonfly Spa“. Eine 30-minütige „Head and Shoulders-Massage“ sollte es diesmal sein. Meine nette Masseuse dürfte allerdings eher eine Ausbildung zur Fleischerei Fachverkäuferin genossen haben als jene zur Masseurin, aber dies nur am Rande. Die Kopfschmerzen waren auf jeden Fall wie weggeblasen.
Nachmittags war dann Fussball angesagt, zumindest für Manu. Resultat: Schürfwunden an ungünstigen Stellen und – erneut – Kopfschmerzen! Ich unterhielt mich inzwischen mit unseren europäischen Kollegen aus Dänemark, welche jedes Jahr für einen Monat nach Shanghai fliegen um Chinesisch zu lernen. Na gut, ein chinesisches Wort hörte ich an diesem Nachmittag keines, aber die vielen Karaoke-Bars im nahe gelegenen Zentrum „Wujiaochang“ sollen ganz nett sein. Wir werden sehenJ!

„mhhhh – wääää“

Das bisher beste Nachtessen hier in Shanghai war jenes im „Simply Thai“. Wie der Name schon sagt, ein thailändisches Lokal. Nett eingerichtet und offenbar bei Expats sehr beliebt, was immer schon mal ein gutes Zeichen ist. Mein BBQ-Chicken und Manu’s Nudeln „maybe little bit spicy“ waren jedenfalls göttlich!
Weniger appetitlich war die darauf folgende U-Bahnfahrt, während der eine junge Chinesin – keine Zierde ihres Geschlechts - ihre ganze Ladung „Poulet Szechuan“ auf den Boden des U-Bahnwagens schmetterte. Bon appétit! Die Dame war dann noch besonders schlau und deckte das Kunstwerk diskret mit ihrer Jacke ab. Und ja richtig, die nahm sie danach auch wieder mit. Solche Szenen bieten sonst nur die Zürcher Streetparade oder etwa das Schwing- und Älplerfest, wobei da der Output wohl kaum „Poulet Szechuan“ sein dürfte.

Das verrückte Hotel

Ja, unser Zuhause hier hatten wir uns ursprünglich ganz anders vorgestellt. Doch nach der Ankunft hier im Hong Sen Hotel an der Min Xing Lú im Yang Pu District (nicht wichtig, klingt aber ziemlich cool!) war für uns schnell klar, hier werden wir bleiben! Dies nicht zuletzt auch wegen den zahlreichen skurrilen Gestalten, die dieses Haus so zu bieten hat. Da hätten wir zum einen die immerfreundliche und dauerhaft lächelnde Reinigungskraft, wir nennen sie Assunçion. Von Diskretion oder Privatsphäre hat sie zwar noch nie etwas gehört, aber ihren Job erledigt sie stets makellos. Dann gibt es da noch den wohl faulsten Chinesen aller Zeiten, welcher in diesem Hotel offenbar für die Sicherheit zuständig wäre. Wir nennen ihn liebevoll „Wachhund“. Jedoch döst der lieber auf zwei Sesseln in der Lobby vor sich hin als etwa den Hoteleingang zu überwachen. Nicht einmal eine grössere Militärparade würde den guten Herren aus dem Schlaf reissen. Sollte er sich dann doch einmal in Bewegung setzen, dann tut er dies mit ungefähr dem Tempo einer Wanderdüne. Des Weiteren wäre da die charmante Restaurantbesitzerin von nebenan, auch genannt „der Zerstörer“. Eine schillernde Dame mittleren Alters mit einer Bikini-Zone grösser als Liechtenstein und dem Charme einer Flughafentoilette. Nicht zu vergessen auch die „skeptische Nina“, welche so was wie die Quartiermutter zu sein scheint. Die gute Frau sieht uns zwar jeden Abend vorbeigehen, doch ihr Blick bleibt skeptisch und bitterböse. Zu guter Letzt ist da natürlich noch Priska vom Internetcafé, aber die sollte euch ja bereits bekannt sein. Letztere scheint übrigens gerade beurlaubt zu sein. Vielleicht besucht sie aber auch nur ein Weiterbildungsseminar in „how to ignore my clients in a really rude way“.
Nein nein, wir wollen mal nicht so sein, es gefällt uns wirklich hier im Hong Sen und wir möchten keinen der oben erwähnten Personen hier missen. Die nehmen wir alle mit nach Hause!

Das verdiente Essen

Das Mittagessen an der Uni beschränkt sich in unserem Fall derweil auf einen übergrossen Joghurt-Becher und mehrere Packungen Kartoffelchips. Alles andere im winzigen Uni-Shop macht entweder den Anschein als wäre es aus China (Moment, wir sind in China!) oder es ist schlichtweg undefinierbar. Kurz: wir sterben fast vor Hunger am Abend! An diesem Freitag soll es also das People 7 in der „French Concession“ sein. „It doesn’t get any cooler than this“, behauptet Lonely Planet und „it doesn’t get any more complicated than this“, behaupten wir. Das Restaurant ist in Etwa gleich schwer zu finden wie eine natürliche Stelle im Gesicht von Barbara Streisand, schlichtweg unmöglich. Nur durch lösen eines originellen Rätsels öffnet sich die Tür zum Restaurant. Nach mehreren Versuchen unsererseits, eine der beiden Eingangstüren zu öffnen, nähert sich eine amerikanische Reisegruppe mit dem gleichen Vorhaben. Der Vorteil an amerikanischen Reisegruppen ist ja, sie sind meist noch dümmer als man selbst, man muss sich also kaum blamieren (der Vorteil an Schweizer Reisegruppen übrigens: es gibt keine!). Nun, das Rätsel war irgendwann gelöst und die Tür zum People 7 öffnete sich von selbst. Das Restaurant ist sehr dezent und dunkel gestaltet und „it really doesn’t get any cooler than this“. Von der Bar zu den Toiletten, über die schwarzen Stäbchen bis hin zur schwarzen Stoffserviette, alles ist irgendwie ziemlich cool. Nach dem Essen befinde ich mich in einem postkoitalen Zustand und der Long Island Ice Tea danach setzt noch einen drauf. Leicht angeduselt geht’s zurück ins Hotel wo ich die Tür zur 513 zu öffnen versuche, was allerdings nicht klappt, was eventuell daran liegt, dass ich eigentlich in der 511 einquartiert bin. Der Chinese von der 513 lässt mich das auch lautstark wissen, worauf ich dann doch noch in der 511 lande. Man kann ja auch schwierig tun J

Nervous breakdown

Nun, ich würde mich generell nicht als cholerischen Menschen bezeichnen (obwohl da meine treue Reisebegleitung Manu natürlich ganz anderer Meinung ist, aber dies kann er selber darstellen). Aggressiv werde ich ja üblicherweise nur bei umweltbewussten, Grüntee-trinkenden Sozialpädagogen, bei notorischen Korrekt-Autofahrern oder bei Musik von Stefan Eicher. Diese Woche in der U-Bahn aber, konnte ich mich vor Aggression kaum halten. Ein geschäftstüchtiger Chinese hatte sich fest vorgenommen, mich während der 30-minütigen Fahrt ins Zentrum in den Tod zu reden. Nach anfänglichem Smalltalk in unverständlichem Englisch wollte der dann plötzlich meine Telefonnummer haben und mich ständig davon überzeugen, in seinen eigenhändig gegründeten Badminton-Club beizutreten oder mit ihm irgendwelche krummen Geschäfte abzuwickeln. In Gedanken überlegte ich mir ein Würgeverfahren mit meinem I-pod-Kabel, welches den jungen Mann am schnellsten aus dem Verkehr ziehen würde. Ok, ich neige zur Übertreibung, aber 30 Minuten können schon eine sehr, sehr lange Zeit sein.

Weitere Highlights dieser Woche:

Streifzug durch ca. 5 Shopping-Malls in „Wujiaochang“ auf der Suche nach einem Gym // Dinner im „1001 Nights“ incl. Arabischer Bauchtanzshow // günstigstes Nachtessen aller Zeiten „Shanghai Noodles“ // Dessert bei Häägen Dazs (zum dreifachen Preis wie das vorherige dinner bei „Shanghai Noodles“ // Besuch im Jing-An Tempel // Fake-DVD-Store „Hollywood“ (Ja, Glück ist käuflich!) // teuerstes Nachtessen aller Zeiten im „Va Bene“ at Xintiandi // Comedy-Show in der „Glamour Bar“

So, und jetzt entschuldigt mich, Assunçion ist gerade reingestürmt und will mein Bett frisch beziehen. Bis nächste Woche – Zài jiàn!



Schulwand

Unsere Turnhalle


Hauptgebäude der Schule


Smokin' Manu




Räucherstäbli im Jing'an Temple



gambling Marc





M.B. aus F. und M.L. aus O.





de Loieberger
















Betende










Shanghai Art gallery









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